Eröffnung: Freitag, 15. Dezember, 19 Uhr
Ausstellung: 16. Dezember 2017 — 17. Februar 2018
Öffnungszeiten: Mi, Fr, Sa 16 — 18 Uhr, Do 18 — 20 Uhr
Atelier Kirchner
Grunewaldstraße 15
10823 Berlin Schöneberg
Erster Hof links, Parterre
www.andrekirchner.de
Eröffnungsrede zur Ausstellung
Liebe Gäste, liebe Freunde der Fotografie,
herzlich willkommen zur Ausstellung „Freunde des Ateliers“ – Fotografien aus der Sammlung Kirchner.
Immerhin 24 Fotografen sind mit 52 Fotografien und einem Siebdruck hier vertreten. Viele von ihnen sind heute Abend anwesend und haben auch Bücher mitgebracht.
Ich möchte dieser Ausstellung ein paar Gedanken über das Sammeln an sich vorausschicken. Denn der Fotograf selbst ist schon ein Sammler, und zwar von Abziehbildern der Wirklichkeit, ob er nun die entscheidenden Momente jagt oder Serien bildet aus vergleichbaren Gegenständen oder Ortsbeschreibungen liefert.
„Über das Sammeln“
Was scheinbar harmlos im Kindesalter mit dem Auflesen von Naturdingen, wie Steinen, Muscheln oder toten Käfern beginnt, was sich vielleicht fortsetzt mit dem Sammeln von Artefakten wie Glasmurmeln, Münzen, Briefmarken, enthält im Keim immer schon die Monstrosität späterer systematischer Sammlungen und die tendenziell verbrecherische Sammelwut, die Lebewesen bis hinauf zum Menschen tötet, um sie aufzuspießen, in Spiritus einzulegen oder auszustopfen.
Wie sich aus der fürstlichen Kuriositäten-Kabinetten und Wunderkammern der frühen Neuzeit einerseits die bürgerlichen Kunstsammlungen, andererseits die Systematiken der Wissenschaft entwickelten, so erwächst aus den naiven Sammeleifer des Kindes manche spätere Sammelleidenschaft, die immer das Zeug dazu hat, den Sammler selbst am Ende zu verschlingen. Wenn das Gespenst der Vollständigkeit erscheint, beginnt oft eine lebenslange Jagd nach vermeintlich fehlenden Gegenständen der Sammlung. Auch meine Sammlung alter Kleiderbügel weist noch empfindliche Lücken auf…
Dabei muss sich letztlich jede Sammlung auf einen Ausschnitt aus der Wirklichkeit beschränken. Das Leben entweicht und selbst die Dinge sind, einmal dem Gebrauch oder dem natürlichen Vorkommen entzogen, nicht mehr dieselben, die sie draußen in der Welt waren. Das sind sozusagen die inneren Grenzen des Sammelns, die aber niemanden davon abhalten können, weit übers Ziel harmlosen Sammelns hinauszuschießen.
Man ahnt es schon, ich stehe mit meiner bescheidenen Fotosammlung, die sich weitaus mehr glücklichen Zufällen, als irgendeiner Systematik verdankt, weit zurück etwa hinter der legendären Automobil-Sammlung der Gebrüder Schlumpf oder auch nur der tonnenschweren Backsteinsammlung , die mein geschätzter Kollege Karl-Ludwig Lange in seiner eigens mit Stahlträgern verstärkten Wohnung beherbergt. Wobei auch meine Sammlung nur die Spitze eines Eisberges ist, der sich unter der sichtbaren Oberfläche in Büchern, Bildern, Fundstücken und vor allem den eigenen Fotografien fortsetzt.
Diese Sammlung, die in über 30 Jahren meiner eigenen Fotografie eher beiläufig entstanden ist, ohne thematische oder sonstige Vorgaben, stelle ich heute zum ersten Mal der Öffentlichkeit vor, zumindest den Teil davon, der mir in der knapp bemessenen Vorbereitungszeit greifbar war. Die vorliegende Auswahl beschränkt sich obendrein auf die hier in der alphabetischen Reihenfolge ihrer Vornamen aufgeführten Freunde meines Ateliers, mit denen ich in Ausstellungen, Buchprojekten oder Aufträgen direkt oder indirekt zusammengearbeitet habe. Zugleich bitte ich um Nachsicht, wenn in dieser doch großen Zahl von 24 Fotografen nicht alle vertreten sind, mit denen ich in freundschaftlicher oder beruflicher Beziehung stehe. Die Lücken in der Hängung deuten an, dass es noch mehr werden können.
Ich bekenne mich aber ausdrücklich zur Willkür dieser Sammlung, die keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit auch nur in einem kleinen Bereich erhebt. Dabei ist die Fotografie ein besonders luftiger, unkörperlicher Sammlungsgegenstand, der erst in Papierform und Rahmen Gewicht gewinnt. Letztlich ein virtuelles Bild – auch in der analogen Fotografie – das erst in Ausbelichtung und Druck Gestalt annimmt. Also im Prinzip unendlich stapelbar, im Gegensatz etwa zu Oldtimern, Gemälden oder Skulpturen. Ob Negativ, Dia oder digitale Datei, das zweidimensionale Abbild beansprucht keinen oder kaum einen Raum. „Flachware“, wie die Ausstellungsmacher verächtlich sagen. Kaum zu greifen, aber oft einziges Zeugnis wie die Höhlenmalereien der Steinzeit.
Hier aber sind die abgezogenen und ausgedruckten Fotografien Gegenstand der Sammlung und da gilt der Vintageprint am meisten: also ein Abzug aus der Zeit der Entstehung der Fotografie und möglichst von Fotografen selbst angefertigt. Präziser ist der Begriff des Originals in der Fotografie nicht zu fassen. Noch meine Kinder könnten ja, wenn sie wollten, von meinen Negativen und Bilddateien, wenn noch vorhanden, neue Abzüge anfertigen lassen. Dann spräche man von Modern Prints, wie ich sie zum Beispiel für Janos Frecot von seinen Negativen aus den sechziger Jahren – hier zu sehen – angefertigt habe.
Janos Frecot möchte ich von den hier versammelten Fotografen ausdrücklich erwähnen, weil ich seiner Fürsprache die früheste Förderung meiner Arbeit Mitte der achtziger Jahre verdanke. Ähnliches gilt für Wolfgang Ritter, der sich in der AG Fotografie der NGBK immer wieder für mich eingesetzt hat. Entschuldige lieber Wolfgang, dass so viele Korrektoren dennoch die falsche Schreibweise Deines Namens übersehen haben. Du hast was gut bei mir! Besonders möchte ich Jochen Wermann für die Ermutigung danken, an diesem Projekt gegen manche Kritik festzuhalten sowie Jörg Schmiedekind für seine Hilfe beim Ausstellungsaufbau. Nicht zuletzt danke ich der Firma RahmenArt, hier im Hause, die schnell und präzise meine vielfältigen Passepartout- und Rahmenwünsche umgesetzt haben. Und ich danke Lunia D’Ambrosio, die meine handschriftliche Skizze in Einladung und Plakat verwandelt hat.
Die Fotografien sind dieses Mal nicht zu verkaufen; bei Interesse stelle ich aber gerne den Kontakt zu den Fotografen her. Außerdem sind viele meiner Einladung gefolgt und haben sich am Büchertisch mit ihren Publikationen beteiligt. Zum Schluss noch ein Hinweis zu den Trittleitern: Das Besteigen ist ausdrücklich erwünscht zur besseren Betrachtung der oberen Bilderreihe, ich kann aber keine Haftung übernehmen.
André Kirchner, 15.12.2017
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